So legst du Widerspruch gegen eine ungerechte Prüfungsnote ein

  • Studium & Lernen
  • 16.10.2019

Dreimal durch eine wichtige Prüfung gefallen – das bedeutet nicht immer das Ende des Heilberufs-Studiums. Wann es sich lohnt, eine Note anzufechten, und wie so ein Widerspruch abläuft, erklärt die Rechtsanwältin Dr. Bärbel Andres.

Eine richtige Antwort, für die der Dozent keine Punkte gegeben hat. Dröhnender Baulärm während der Klausur. Eine Prüferin, die zu wenig Berufserfahrung mitbringt. Es gibt verschiedene Gründe, ein Prüfungsergebnis infrage zu stellen. Wer eine schlechte Note kassiert hat und denkt, dass es dabei nicht fair zuging, kann sich dagegen wehren. Dafür muss man auch nicht gleich vor Gericht klagen.

Was heißt überhaupt unfair?

Glasklar ist die Sache, wenn dein Prüfer dir für eine schriftliche Arbeit zu wenige Punkte gegeben oder eine richtige Antwort als falsch gewertet hat. Es kommt aber auch vor, dass Dozenten Fehler mit Abzügen bestrafen. „Ein Malus für fehlende oder falsche Antworten ist grundsätzlich verboten“, sagt Dr. Bärbel Andres, LL.M., Anwältin für Hochschulrecht aus Heidelberg. „Das gilt auch, wenn man zum Beispiel zur Strafe für Fehler in einer Prüfung ein zusätzliches Testat erbringen muss.“

Ungerecht ist aber nicht immer nur die Art, wie Leistungen bewertet werden, sondern zum Beispiel auch die Prüfungssituation. War etwa die Zeit zu knapp, der Raum zu heiß oder die Umgebung zu laut, um vernünftige Ergebnisse abzuliefern, kann die Prüfung als ungültig erklärt werden. „Wichtig ist allerdings, eine Störung gleich gegenüber dem Prüfer zu rügen, nicht erst hinterher, wenn eine schlechte Note vorliegt. Die Hochschule muss die Chance haben, Abhilfe zu schaffen“, erklärt die Juristin.
 

Foto: Kanzlei Rechtsanwälte
Spillner und Spitz GbR
 

„Im Vergleich zu anderen Fällen, die vor das Verwaltungsgericht gehen, ist die Erfolgsquote im Hochschul- und Prüfungsrecht überdurchschnittlich hoch“, so die Erfahrung der Rechtsanwältin Dr. Bärbel Andres.

 


 

Aufs Timing kommt es an

Andere Nachteile kann man später beanstanden. Etwa wenn du während einer mündlichen Prüfung den Eindruck hast, der Dozent sei gegen dich voreingenommen, da er zum Beispiel abfällig über deine Kleidung spricht. „Der Prüfer ist dann möglicherweise befangen, was ein Grund für eine Rüge ist“, so Bärbel Andres. Ein anderes Szenario: Die Prüfungsordnung schreibt vor, dass ein Prüfer langjährige Erfahrung haben muss, doch der bestellte Dozent ist erst seit einem Jahr in der Lehre tätig. Auch das kann ein Argument bei einem Widerspruch sein. Auf jeden Fall spielt das Timing eine wichtige Rolle: Oft hat man nur wenige Wochen Zeit, um Einwände gegen eine Prüfung geltend zu machen. Willst du auf der sicheren Seite sein, sieh dir die Prüfungsordnung ganz genau an.

Widerspruch besser schriftlich

Zusammen mit den Prüfungsergebnissen muss jede Hochschule eine sogenannte Rechtsbehelfsbelehrung veröffentlichen. Darin ist beschrieben, wie du Widerspruch einlegen kannst. Um sicherzugehen, dass du das Verfahren richtig verstehst, kannst du in der Regel Rat bei der Studienberatung oder beim Asta suchen. Üblicherweise führt dich der nächste Weg zum Prüfungsamt. Dort kannst du deine Unterlagen einsehen und dir Notizen machen. Die Rechtsanwältin rät, auf Fehlersuche zu gehen: „Wurden die Punkte richtig zusammengezählt? Sind Anmerkungen des Prüfers vorhanden, die auf eine unangemessene Bewertung hinweisen?“ Das könne zum Beispiel ein harter und unsachlicher Kommentar sein wie „hinrissiger Gedankengang“ oder „unterbelichteter Kandidat“. Hast du etwas entdeckt, was dir unfair erscheint, kann es besser sein, damit nicht direkt zum Prüfer zu gehen. „Das könnte so aussehen, als würden Sie Einfluss nehmen wollen, etwa durch Appelle ans Gewissen. Besser ist die schriftliche Rüge beim Prüfungsausschuss“, sagt Bärbel Andres.

Du kannst das Widerspruchsschreiben allein verfassen oder dir von einem Anwalt helfen lassen. Die Kosten dafür musst du selbst tragen, falls du keine Rechtsschutzversicherung hast. An manchen Hochschulen vermittelt die Studienberatung zwar ein kostenfreies erstes Gespräch mit einem Rechtsbeistand, allerdings keine weiteren Leistungen. Hast du einen Widerspruch wegen unfairer fachlicher Bewertung eingereicht, muss sich der Prüfer damit befassen. Erkennt er an, dir zu wenige Punkte gegeben zu haben, wird deine Note neu berechnet. Hebt deine Beschwerde auf einen Verfahrensfehler ab, entscheidet der Prüfungsausschuss, ob du einen weiteren Versuch bekommst.

Wiedersehen vor Gericht?

Weist der Prüfungsausschuss deinen Widerspruch jedoch ab, hast du nur noch die Möglichkeit, vor einem Verwaltungsgericht zu klagen. Das ist natürlich nicht nur eine Frage der Erfolgschancen, sondern auch des Geldes. Verlierst du, schlagen nicht nur die Anwaltskosten zu Buche, sondern auch Gerichtsgebühren. Diese werden immerhin erstattet, wenn du gewinnst. Wie teuer eine Klage wird, lässt sich also pauschal nicht beantworten: Es können mehrere Hundert oder Tausende Euro sein. Um Geld zu sparen, könntest du dich in der ersten Instanz zwar auch selbst vertreten – ob das jedoch sinnvoll ist, solltest du dir gut überlegen. Aus ihrer Erfahrung seien die Aussichten mit Rechtsbeistand vergleichsweise gut, so die Fachanwältin Andres: „Im Vergleich zu anderen Fällen, die vor das Verwaltungsgericht gehen, ist die Erfolgsquote im Hochschul- und Prüfungsrecht überdurchschnittlich hoch.“