Studieren beim Bund

  • Studium & Lernen
  • 15.01.2018

Wie studiert es sich beim Bund? Oberstabsarzt Dr. Andreas Wagner kann es beurteilen: Er hat sich 2007 bei der Bundeswehr verpflichtet und ist heute Sanitätsoffizier. Wie alle angehenden Humanmediziner, Pharmazeuten, Zahn- oder Veterinärmediziner beim Bund hat er sein Studium an einer zivilen Hochschule absolviert. 2013 hat er das Medizinstudium in Tübingen abgeschlossen. Im Interview erzählt Wagner, was ihn an der Offizierstätigkeit reizt - und wie es mit Auslandseinsätzen aussieht.

Warum haben Sie sich für eine Karriere bei der Bundeswehr entschieden?

Nach dem Abitur habe ich meinen Grundwehrdienst in Strausberg absolviert. Als Gefreiter kam ich danach zur Stabskompanie des Luftwaffenführungskommandos in Köln - fürs Fliegen habe ich mich schon immer interessiert. Dort erfuhr ich von den Studienmöglichkeiten bei der Bundeswehr. Ich fand die Idee sehr reizvoll, nicht nur im zivilen Leben als Arzt zu arbeiten, sondern auch als Offizier in der Bundeswehr eingesetzt werden zu können. Außerdem stehen mir hier sehr viele Karrierewege offen. Ich kann im Krankenhaus arbeiten, in die Forschung und Lehre gehen oder eine klassische Offizierlaufbahn mit Führungsaufgaben wahrnehmen. Diese Möglichkeiten hat man im zivilen Berufsleben so nicht.

Wie sah die militärischen Ausbildung aus, die Sie während Ihres Studiums absolviert haben?

Zu den typischen militärischen Teilen des Studiums gehörten die so genannten individuellen Grundfertigkeiten, kurz IGF, die jeder Soldat einmal jährlich ablegen muss. Dazu zählen zum Beispiel Fußmärsche mit Gepäck, Schieß- und ABC-Ausbildungen sowie das Deutsche Sportabzeichen und ein Fitnesstest. Hinzu kommt ein einmonatiger Offizierslehrgang, den man bestehen muss. Da bekommt man unter anderem eine Ausbildung in Menschenführung, Rechtsunterricht, Materialbewirtschaftung und lernt die sanitätsdienstlichen Einsatzgrundsätze kennen. Der Lehrgang ist in zwei Teile aufgeteilt: in einen „grünen“ und einen „blauen“ Anteil, wie wir das nennen, einen militärischen und einen medizinischen Part. Außerdem gibt es fakultative Truppenpraktika, bei denen man erste Erfahrungen mit seiner Führungsrolle als Offizier sammelt und mit der Ausbildung von Soldaten betraut wird.

 

Konnten Sie eigene Schwerpunkte setzen in der Ausbildung?

Als angehender Sanitätsoffizier habe ich die Nähe zur Truppe gesucht und mich im In- und Ausland weitergebildet. Wer einen guten Studienabschluss hat und sich innerhalb der Bundeswehr engagiert, hat später auch mehr Chancen, erfolgreich in der Truppe zu bestehen und weiß besser, welche eigenen Ziele er verfolgen möchte. So habe ich mir einige Marineeinheiten, eine Hubschraubereinheit des Heeres und ein französisches sowie ein amerikanisches Militärkrankenhaus angeschaut.

Das heißt, Sie haben während Ihrer Ausbildung häufiger die Standorte gewechselt. Wer hat das bezahlt?

Auch das ist ein großer Vorteil des Studiums beim Bund: Man bekommt ein Gehalt währenddessen. So konnte ich mich voll auf das Studium konzentrieren und war nicht auf ohne Nebentätigkeiten angewiesen. Die Reise- und Unterkunftskosten für Lehrgänge und militärische Ausbildungen hat die Bundeswehr komplett abgedeckt.

Waren Sie bereits auf einem Auslandseinsatz?

Nein, bisher war ich zu einem taktischen Verwundetenversorgungslehrgang in den USA und zu bilateralen Übungen und Gesprächen in Frankreich, der Volksrepublik China und in Armenien.

Wo stehen Sie karrieremäßig aktuell und wie geht es weiter?

Vor zwei Jahren habe ich meine Facharztausbildung in der Radiologie begonnen. Seit 2016 bin ich Kompaniechef der 8. Kompanie des Sanitätsregiments 2 in der Falckensteinkaserne Koblenz. Nach aktueller Planung läuft meine Verpflichtungszeit 2028 aus. Danach wird sich entscheiden, wie es weitergeht. Entweder kehre ich ins Zivilleben zurück oder verpflichte mich weiter als Berufssoldat. Ich kann mir beides vorstellen.  

 

Derzeit studieren bundesweit ca. 1800 Sanitätsoffiziersanwärter beim Bund. Männer und Frauen sind dabei fast zu gleichen Teilen vertreten, der Anteil weiblicher Anwärterinnen macht bereits 47 Prozent aus. Den medizinischen Teil der Ausbildung absolvieren sie an einer von 34 zivilen Universitäten. Pro Jahr stellt die Bundeswehr ca. 240 Humanmedizin-, 30 Zahnmedizin- und 15 Pharmaziestudenten ein. Zusätzlich wird jedes Jahr ein Student verpflichtet, der Veterinärmedizin studieren darf.

Bei der Bundeswehr kann man Human-,Zahn-,und Veterinärmedizin studieren, außerdem gibt es die Studiengänge Pharmazie und Lebensmittelchemie. 

Die Bewerber müssen zwischen 17 und 29 Jahre alt sein, mindestens die allgemeine Hochschulreife haben und die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen.  Außerdem muss man sich bereiterklären, nach dem Studium an Auslandseinsätzen der Bundeswehr teilzunehmen. Die Abschlussnote des Abiturs wird innerhalb des Auswahlverfahrens berücksichtigt. Gegenüber dem zivilen Verfahren gibt es aber keinen definierten NC. 
 

Es gibt kein gesondertes Bewerbungsverfahren. Wie bei den Bewerbern für die Laufbahn der Truppenoffiziere findet das erste Beratungsgespräch in den regionalen Karrierecentern statt. Nachfolgend können die Bewerbungsunterlagen an das Assessmentcenter für Führungskräfte der Bundeswehr (ACFüKrBw Köln) gesendet werden. Auch eine Onlinebewerbung auf der Homepage ist möglich.

Geeignete Bewerber werden zum eigentlichen Auswahlverfahren in das ACFüKrBw nach Köln eingeladen, wo verschiedene Tests absolviert werden müssen, unter anderem ein Test für Medizinische Studiengänge. Er ist an den zivilen TMS (Medizinertest) angelehnt.

Die Verteilung der Studienplätze erfolgt auf Grundlage einer Leistungs- und Eignungsbewertung. Leistungsstarke Bewerber haben damit die Möglichkeit, aus dem Kontingent, das die Stiftung für Hochschulzulassung der Bundeswehr zur Verfügung stellt, einen bevorzugten Studienort auszuwählen.

Die Verpflichtungszeit beträgt in der Laufbahn der Sanitätsoffiziere für Soldaten auf Zeit in der Regel 17 Jahre. Primärer Auftrag der Medizinstudenten der Bundeswehr ist es, das Studium in der Regelstudienzeit zu beenden. Eine Besonderheit gilt für Pharmaziestudenten beim Bund: Sie müssen nach dem Erststudium auch den Studiengang der Lebensmittelchemie absolvieren. Daher ist ihre Mindestverpflichtungszeit auch länger als die der anderen angehenden Ärzte.

Die Vergabe der Weiterbildungsplätze nach Facharztrichtung hängt ab von den Leistungen im Studium. Leistungsstarke Studenten können aus dem breiten Spektrum (sämtliche Fachrichtungen mit Ausnahme von Kinder- und Frauenheilkunde) wählen. Die Facharztausbildung erfolgt an einem von fünf Bundeswehrkrankenhäusern.  

Sanitätsoffizieranwärter sind auch während ihrer Beurlaubung zum Studium Soldaten und erhalten ein ihrem Dienstgrad entsprechendes Gehalt.  Als Soldatin oder Soldat auf Zeit beträgt ihr monatliches Einstiegsgehalt in dieser Laufbahn ca. 1.500 € netto und steigt regelmäßig mit den Beförderungen.