Faires PJ: Der Kampf geht weiter

Flashmob am 16. Januar 2019 in Köln (Foto: privat)
  • Studium & Lernen
  • 20.02.2019

Tom Lange weiß, dass es besser gehen würde. Gute Verzahnung von Theorie und Praxis, ein vernünftiges Ausbildungsgehalt, dazu ein Dokumentationsheft für Praktikum, um nachzuhalten, welche Aufgaben auf Station man tatsächlich schon übernommen hat. „Im Herzzentrum waren wir sieben Schüler im Jahrgang, jeder von uns hatte einen festen Mentor im Dienst“,  erzählt der Dresdner. Das Problem: Tom berichtet von der Ausbildung als Krankenpfleger, die er vor seinem Medizinstudium absolviert hat.

Tom Lange, Medizinstudent in Dresden

Ob das PJ, das er bald antritt, ähnlich strukturiert und lehrreich sein wird? „Wenn sich nicht bald was ändert, bin ich da skeptisch“ meint der Vater zweier Kinder. Bei seinen Famulaturen hat er schon erlebt, wie wenig Zeit Ärzten bleibt, um Berufseinsteigern etwas zu erklären und wie geringschätzig mancher mit den Kollegen in Ausbildung umgeht. Nur drei der Dresdner Kliniken zahlen seines Wissens zudem überhaupt eine Aufwandsentschädigung an PJler. „Als ausgebildeter Krankenpfleger verdiene ich zwar ganz gut, wenn ich wie jetzt im Moment 20 Stunden monatlich nebenher arbeite“, so Tom. „Aber wie soll das bitte funktionieren, wenn man Vollzeit auf Station im Einsatz ist?“
 

Malte Debbert von der bvmd.

Weit mehr als 100.000 Menschen haben inzwischen die Online-Petition unterschrieben, mit der die Bundesvertretung der Medizinstudierenden (bvmd) seit Monaten dafür kämpft, dass Tom und andere Betroffene sich weniger Sorgen um die PJ-Phase machen müssen. Etwa 5.000 Teilnehmer, schätzt Malte Debbert von der bvmd, waren allein beim Aktionstag am 16. Januar auf den Beinen: bei Demos und Flashmobs, an Infoständen an den Unis und vor Kliniken. Allein an diesem und am Folgetag kamen 30.000 Unterschriften für die Petition zusammen.
 

Die Petition auf openPetition (Grafiken: OpenPetition)

Beileibe nicht nur von Studierenden selbst, wenn man sich die Kommentare im Netz ansieht. Medizin-Professoren und Oberärzte werben da genauso für die Forderungen der Studierenden wie Eltern, die ihrem Nachwuchs während des PJs finanziell unter die Arme greifen müssen. Auch Patienten, die die prekäre Lage von PJlern während eines Krankenhausaufenthalts miterlebt haben, gehören zu den Unterzeichnern und sogar Mediziner im Ausland, die sich solidarisch zeigen wollen. „Wir sind wirklich zufrieden mit dem Feedback bisher“, sagt Malte Debbert. „2015 gab es ja schon mal eine ähnliche Aktion, bei der wir nur halb so viele Menschen erreicht haben.“
 

Solidarität aus Österreich: Offener Brief der
Medizinstudierenden aus dem Nachbarland.

Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery hat sich, was Malte und seine Mitstreiter besonders freut, in einer Presseerklärung für ihr Anliegen stark gemacht. Ebenso die Landesärztekammer Hessen – und selbst aus der sächsischen Landespolitik gibt es ermutigende Signale, für Malte eine „angenehme Überraschung.“ Im nächsten Schritt will die bvmd jetzt in konkrete Gespräche mit den Adressaten der Petition einstiegen, dem Bundesministerium für Gesundheit, dem Medizinischen Fakultätentag, der Gesundheitsministerkonferenz, dem Verband der Universitätsklinika Deutschlands und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Malte Debbert: „ Wir sind ganz zuversichtlich, dass wir zumindest einen Teil unserer Forderungen in die Umsetzung des Masterplans Medizinstudium 2020 einbringen können.“

Tom Lange hofft, dass auch er davon schon profitieren kann. Aus Dresden wegzuziehen, um während seines PJs woanders mehr zu verdienen, kommt für ihn allein schon wegen der Kinder nicht infrage. Am wichtigsten ist ihm ohnehin, im praktischen Jahr möglichst viel zu lernen. „Wenn ich da wochenlang nur Blut abnehmen darf, wäre ich wirklich frustriert“, sagt er. Tom sieht allerdings auch die Medizinstudierenden selbst gefordert, damit sich an der heutigen Situation wirklich etwas ändert: „Wir sind später im Job für Menschenleben verantwortlich – und die sind gefährdet, wenn man übermüdet vom Nebenjob zum Dienst kommt. Deshalb ist es einfach unsere Pflicht, weiter für bessere Bedingungen im PJ zu kämpfen.