Klüngeln wie die Kerle
Für Männer, heißt es, ist Netzwerken im Berufsalltag normal. Und für Frauen? Je weiblicher die Medizin wird, desto mehr Clubs und Vereinigungen gibt es auch für sie. Eine davon ist „ladies dental talk", ein Netzwerk für Zahnärztinnen, das auch Studentinnen offensteht. Dr. Karin Uphoff hat das Netzwerk gegründet.
Frau Uphoff, sie haben den „ladies dental talk“ 2010 ins Leben gerufen. Warum?
Weil Zahnärztinnen zwar oft hervorragend ausgebildet sind, sich jedoch häufig nicht als Unternehmerin verstehen. Immer mehr Frauen studieren Zahnmedizin – und so hatte ich die Idee, speziell sie und ihre Kolleginnen mit Berufserfahrung zu unternehmerisch ausgerichteten Abenden einzuladen.
Was ist das Ziel dabei?
Wir möchten Zahnmedizinerinnen noch erfolgreicher machen. Das Netzwerk vermittelt fachliches und unternehmerisches Wissen. Das Augenmerk liegt auf der weiblichen Sicht der Praxisführung. Die Teilnehmerinnen tauschen Erfahrungen aus, lernen von- und miteinander, erhalten Input von ausgewählten Expertinnen. Deshalb besuchen wir zum Beispiel große Firmen und lassen uns zeigen, wie sie ihre Markenführung und ihr Marketing organisieren oder laden Politikerinnen als Gäste zu unseren Veranstaltungen ein.
Speziell für Zahnmedizin-Studentinnen gibt es noch den ladies dental talk career ….
Bei diesen Veranstaltungen geht es vor allem darum, Mut zu machen für die Zeit nach der Ausbildung, außerdem wollen wir über unternehmerische sowie betriebswirtschaftliche Aspekte informieren. Wir haben erfahrene Zahnärztinnen aus Praxis und Wissenschaft zu Gast und zum Beispiel auch Steuer-, Finanz- und Rechtsexpertinnen. Die Expertinnen geben Input, die niedergelassenen Zahnärztinnen berichten von ihrem Weg und zeigen auf, dass und wie sie Selbstständigkeit und Familie kombinieren. Das ist unglaublich hilfreich, da die meisten Studentinnen zu unternehmerischen Fragen während der Studienzeit nahezu keine Informationen erhalten. Auf diese Weise können wir viele Ängste und Sorgen nehmen.
Wer darf mitmachen bei ladies dental talk?
Jede Zahnärztin – ob im Studium, der Ausbildung, Anstellung oder selbstständig – kann teilnehmen. Die regulären Abende kosten zwischen 79 und 99 Euro, die career-Abende 10 bis 20 Euro.
Mit welchen Fragen wenden sich insbesondere Studentinnen an ladies dental talk?
Viele wollen zum Beispiel wissen, wie sie als Assistenzzahnärztin eine Praxis finden, die zu ihnen passt. Oder worauf es ankommt und wie viel es kostet, selbst zu gründen. Wo erhalte ich dazu gute Beratung und Begleitung? Welche Praxismodelle gibt es? Stadt- oder Landpraxis, allgemein oder spezialisiert? Das sind Themen, die viele bewegen. Genauso wie die Frage, wie man in die Chefinnen-Rolle hineinwächst und wie es gelingt, Praxis und Kinder zu vereinbaren.
Wie unterstützen Ihre Veranstaltungen die angehenden Zahnärztinnen?
An den career-Abenden erhalten angehende Zahnärztinnen vielfältige Informationen rund um das Thema Praxisführung und Einblick in die „reale“ Praxis- und Lebenswelt einer selbstständigen Zahnärztin. Dadurch steht die Frage „Uni – und dann?“ nicht mehr wie ein riesiger Berg vor ihnen. Unser career-Newsletter liefert außerdem regelmäßig nützlichen Input rund um das Thema Gründung und Praxisführung. An den allgemeinen Abenden des ladies dental talk können die angehenden Zahnmedizinerinnen sich intensiv kollegial und fachlich mit gestandenen Zahnärztinnen austauschen. So knüpfen sie Kontakte zu Praxen, die eine Assistenz- oder angestellte Zahnärztin suchen oder auch eine Partnerin oder Nachfolgerin.
Ladies dental talk in Zahlen
Insgesamt richtet das Netzwerk rund 30 Veranstaltungen pro Jahr bundesweit an unterschiedlichen Standorten aus. Die career-Abende finden immer in Kooperation mit einer Universität statt, wie etwa Düsseldorf, Frankfurt, Hannover oder Marburg. Pro Veranstaltung kommen jeweils 20 bis maximal 35 Teilnehmerinnen, also rund 800 Teilnehmerinnen pro Jahr. Das sind seit Gründung rund 7000.
In Umfragen zeigen sich viele angehende Zahnärztinnen skeptisch, was den Weg in die Selbstständigkeit angeht…
Wir fragen zu Beginn immer ab, wie sich die Teilnehmerinnen ihren Berufsweg ausmalen. Die wenigsten melden sich und sagen, dass sie selbstständig arbeiten möchten. Wenn wir die Frage nach der Veranstaltung noch einmal stellen, sieht es ganz anders aus. Dann sagen viele, dass sie sich eine eigene Praxis vorstellen könnten. Sie haben verstanden, dass man couragiert an die Sache gehen muss, die richtigen Berater und Partner benötigt und dass Familie und Praxis kompatibel sind.
Was planen Sie für die Zukunft – gibt es Trends, die Sie aufgreifen wollen?
Zukünftig wird es noch mehr Workshops zur Unternehmensentwicklung geben. Insbesondere die Themen Mitarbeiterführung und Konfliktmanagement sind gefragt, aber auch Fachthemen wie Abrechnung und Digitalisierung. Außerdem werden wir bundesweit „Powerteams“ zusammenzustellen aus jeweils 6 bis 8 Zahnärztinnen, die sich in ähnlichen Berufssituationen befinden, beispielsweise gerade gegründet haben, ausbauen oder noch einmal anders durchstarten wollen. Sie werden von uns über 18 Monate begleitet, treffen sich vierteljährlich immer für zwei Tage, erhalten unternehmerischen Input und Gelegenheit zu kollegialem Austausch und Feedback, um ihre individuell gesetzten Ziele zu verwirklichen.
Frauen gründen später
Viele junge Zahnärztinnen arbeiten lieber erst einmal angestellt. Das zeigt die "Existenzgründungsanalyse Zahnärzte", die die apoBank jährlich zusammen mit dem Institut der Deutschen Zahnärzte (DIZ) durchführt. Laut den Zahlen für das Jahr 2016 eröffnen viele weibliche Dentisten später als ihre männlichen Kollegen eine eigene Praxis, oft warten sie damit bis nach der Familiengründung. Im Durchschnitt gründen Zahnärztinnen mit 36,5 Jahren, ein Jahr später als die Männer.