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Geflüchtete in Griechenland. Zwei Medizinstudentinnen waren vor Ort.

  • Studium & Lernen
  • 16.08.2019

In Griechenland leben zahlreiche Flüchtlinge unter miserablen Bedingungen. Medizinische Versorgung erhalten sie kaum. Die Medizinstudentinnen Rilana und Yara aus Hamburg waren als Helferinnen in Athen und Thessaloniki.

Wie geht es eigentlich den zahlreichen Flüchtlingen, die sich in Südeuropa aufhalten? In den Hauptnachrichten tauchen ihre Schicksale kaum noch auf – was viel über Medien aussagt, aber wenig über die humanitäre Krise. Laut Human Rights Watch leben aktuell allein in Griechenland tausende Schutzsuchende unter sehr schlechten Bedingungen: in überfüllten Camps, in verlassenen Gebäuden oder auf der Straße. Die Illegalen erhalten keine medizinische Hilfe, und auch registrierte Flüchtlinge sind unterversorgt.

Organisationen wie Medical Volunteers International (MVI) versuchen, möglichst viele der vernachlässigten Patienten zu behandeln. „Wir fragen nicht nach Papieren, sondern helfen“, sagt Rilana Kramer, gelernte Kinderkrankenpflegerin und Medizinstudentin aus Hamburg, die im Sommer 2018 als Helferin in Thessaloniki war. Medizinstudierende, Ärzte und Pflegekräfte aus Deutschland und anderen europäischen Ländern opfern für ihr Engagement ihre Ferien und tragen auch ihre Reisekosten selbst. In Thessaloniki sind die Freiwilligen von MVI mit einem alten Rettungswagen unterwegs, der als mobile Praxis dient. Mittags und abends macht das Team auf einem Parkplatz bei einem verlassenen Gebäude Station, wo viele obdachlose Geflüchtete aus der Gegend zur Essensausgabe eines anderen Vereins kommen.

Geschundene Füße, entzündete Mückenstiche

„Viele der Leute dort haben gesundheitliche Probleme, die man auch aus deutschen Hausarztpraxen kennt“, sagt Rilana. Zum Beispiel Magen-Darm-Infekte, Kopf- und  Rückenschmerzen oder Bronchitis. Aber die Helfer sehen auch andere Leiden, die von den Strapazen der Flucht und dem Leben auf der Straße zeugen – blutig gelaufene, entzündete Füße, an Zäunen aufgerissene Hände, Platzwunden und schmerzhaft infizierte Mückenstiche. Rilana berichtet, dass sich zwischen 40 und 100 Patienten am Tag in der Freiluftpraxis untersuchen und verarzten ließen. Mehrere Medizinstudierende und Pflegekräfte assistierten jeweils einem Arzt. „Je nach Erfahrungsstand haben wir Wunden versorgt, Voruntersuchungen übernommen oder Medikamente ausgegeben“, erzählt die 27-Jährige. „Durch meine frühere Arbeit in der Kinderklinik konnte ich vieles eigenständig machen. Neu war für mich aber zum Beispiel, wie man mit schmutzigen Infektionswunden umgeht.“
 

Die Ehrenamtlichen bieten nicht nur eine mobile Anlaufstelle, sondern gehen auch in Flüchtlingscamps und Sozialzentren, wo sie die überlasteten griechischen Ärzte unterstützen. In der Hauptstadt Athen können die einheimischen Mediziner diese Hilfe ebenso gut gebrauchen wie in Thessaloniki. Yara Benninger, derzeit im 12. Semester ihres Medizinstudiums an der Universitätsklinik Hamburg Eppendorf, war bereits dreimal für die Organisation in Griechenland, davon zweimal für je einen Monat in Athen. „In den Einrichtungen behandeln wir mehr Frauen und Kinder, die dort eher einen Platz erhalten als Männer, viele aus Syrien. Auf der Straße sind es überwiegend Männer, vor allem aus Algerien, Afghanistan oder Pakistan, die ohnehin kaum eine Chance auf Asyl haben“, so ihre Beobachtung.
 

Junger Verein mit großer Wirkung

Die Freiwilligen von Medical Volunteers International (MVI) bieten seit 2016 medizinische Hilfe für Vertriebene in Griechenland an. Aktuell sind die Helfer in Athen, Lesbos und Thessaloniki aktiv und versorgen monatlich rund 3.400 Bedürftige. Für Medikamente, Mietwagen, Übersetzer und andere Unkosten braucht der Verein finanzielle Unterstützung: Hier geht es zur Spendenseite.
 

Yara Benninger in Hamburg. Sie war schon dreimal als Helferin in Griechenland.
Foto: Till Gläser

 

„Es war eine schöne Zeit“

Die beiden Freiwilligen hörten täglich tragische Geschichten, haben das aber recht gut verarbeitet, sagen sie. „Als Kinderkrankenschwester habe ich auch Schicksalsschläge von Familien miterlebt und musste dazu eine professionelle Haltung entwickeln“, erklärt Rilana. „Bei den Geflüchteten ist die Situation zum Teil härter, sie haben alles verloren und kaum eine Perspektive. Dennoch haben die meisten eine positive Einstellung, was auch mir geholfen hat, mit der Situation umzugehen.“ Yara hat das ähnlich erlebt. „Man unterhält sich mit den Patienten über ganz normale Alltagsdinge, macht viele Späße“, erzählt die 26-Jährige. „Selbst wenn sich das absurd anhört: Es war eine schöne Zeit.“ Eines bringt die Studentinnen allerdings auf die Palme: dass die Migranten überhaupt solchen großen Risiken und Strapazen ausgesetzt seien. „Sichere Fluchtwege wären das Erste, was die EU schaffen sollte“, findet Rilana, „damit die Menschen nicht lange Fußmärsche auf sich nehmen oder aus dem Mittelmeer gefischt werden müssen.“
 

Rilana Kramer fuhr 2018 mit dem Motorrad von Hamburg zum Einsatz nach Thessaloniki.
Foto: Till Gläser

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