Podcasten neben dem Studium: Drei Newcomer berichten von ihrem Start

  • Studium & Lernen
  • 13.08.2021

Vor ein paar Jahren waren Podcasts in Deutschland noch ein Nischen-Angebot, doch spätestens seit 2020 begleiten sie viele Menschen durch den Alltag. Manche starteten während der Lockdowns ihr eigenes Audio-Projekt. Auch die Medizinstudierenden Carl, Felix und Vivien ließen sich vom Hype mitreißen. In ihrem Podcast „Auf Herz und Nieren“ geht es um Organspende.

Wenn Vivien Giszas ins Mikro spricht, klingt sie wie eine routinierte Radiofrau – ihr frischer Plauderton wäre absolut morning-show-tauglich. Tatsächlich geht die Medizinstudentin aus Berlin erst seit kurzem auf Sendung. Ihr Co-Moderator will dieses Talent schon früher bemerkt haben: „Vivien verschickt gerne Sprachnachrichten und kann sehr gut aus dem Stegreif reden“, sagt Felix Gronau, der wie seine Mitstreiterin an der Charité studiert. Seit Dezember 2020 produzieren Felix und Vivien mit ihrem Kommilitonen Carl Schoeneich den Podcast „Auf Herz und Nieren“, dem man auf gängigen Plattformen folgen kann, darunter Spotify und Apple Podcasts.

Die Drei wollen aufklären über Organspende und nehmen sich je Folge bis zu einer Stunde Zeit, um einzelne Aspekte zu vertiefen: Was bedeutet die Diagnose „Hirntod“, und warum ist sie so sicher wie kaum eine andere? Welche Organersatzverfahren helfen Erkrankten? Wie laufen Lebend- und postmortale Spenden ab? „Es gibt viel Unsicherheit, auch weil gezielt Stimmung gegen Organspenden gemacht wird“, erklärt Vivien. „Wir wollen Mythen entlarven, indem wir neutral über die Abläufe informieren.“ In dieser Mission sind die Medizinstudierenden schon seit einigen Jahren unterwegs. Bei der Initiative „Aufklärung Organspende“ an der Charité lernten sie sich kennen, und inzwischen üben sie Nebenjobs aus, die mit dem Thema zu tun haben: Carl und Felix arbeiten im Transplantationsbüro der Charité, Vivien bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO).
 

Posieren fürs Cover: Felix, Vivien und Carl (v.l.n.r.), fotografiert von ihrem Kommilitonen Quirin Bellmann


„Nicht noch ein Podcast, der Halbwissen verbreitet“

Viele Menschen entdeckten während der Corona-Zeit das Medium Podcast für sich – es lässt sich ideal nebenbei konsumieren, während man zu Hause Gymnastik macht, in der Küche steht oder sich bei einem Spaziergang frische Luft verschafft. Auch Vivien hörte 2020 deutlich mehr Podcasts als zuvor. Die Idee, mit ihren beiden Freunden eine eigene Audio-Serie zu produzieren, lag dann ziemlich nahe. „Wir dachten, das könnte man auch mal ausprobieren. Allerdings hätten wir nicht noch einen Podcast gemacht, der irgendein Halbwissen verbreitet. Beim Thema Organspende fühlen wir uns kompetent genug“, erzählt die Studentin. „Und gute Projekte fördern auch die Freundschaft.“

Die technischen Hürden erwiesen sich als erstaunlich gering, auch dank Carl. Er hatte sich im Netz bereits das nötige Nerd-Wissen angeeignet, zum Beispiel über Toneffekte, Schnittprogramme und Plattformen. Auf besondere Mikrofone, Kopfhörer und anderes Equipment verzichteten die Drei. Bis heute nehmen sie ihren Podcast mit ihren Smartphones oder einem Notebook auf, entweder zusammen in Viviens Wohnung oder jeder für sich. Die Einzelaufnahmen schneiden sie am Rechner zusammen, wobei die Soundbearbeitungssoftware Rauschen und andere akustische Mängel herausfiltert. Sind Interviewgäste zugeschaltet, nutzt das Team einen Streamingdienst, von dem sie anschließend die Tonspur herunterladen. Fertige Folgen veröffentlichen sie auf der Hosting-Plattform Buzzsprout, die den Podcast in die Verzeichnisse von Audiodiensten bringt, neben den Großen wie Spotify, Apple und Amazon auch bei kleineren Anbietern.
 

Gute Stimmung im Home-Studio; Foto: privat


Drei Anläufe zur ersten Folge

Etwas mehr Mühe machte den Newcomern das Referieren am Mikrofon. „Wir mussten da erst reinkommen. Für die erste Folge haben wir drei Anläufe und einen ganzen Tag gebraucht“, sagt Vivien. „Jetzt geht es schon flüssiger. Es gibt eine steile Lernkurve. Man gewöhnt sich zum Beispiel Füllwörter wie ‚ähm‘ und ‚ja genau‘ ziemlich schnell ab.“ Ist eine Folge gut eingesprochen, fertig geschnitten und veröffentlicht, heißt das natürlich lange nicht, dass sie auch ein Publikum findet. „Bei der Vermarktung haben wir unser größtes Lernpotenzial“, räumt Felix ein. „Noch leben wir viel von Empfehlungen.“ Pro Folge hören im Schnitt hundert Personen ihren Podcast. Über soziale Netzwerke und Medienkontakte wollen die Freunde weitere Fans gewinnen. Ihr bislang größter Auftritt gelang ihnen mit Hilfe der Charité-Pressestelle: Zum Tag der Organspende berichtete die RBB-Abendschau über ihr Engagement.
 

Von Null auf Podcaster

Du hast Lust, dein eigenes Projekt zu starten? Tipps gibt es im Netz ohne Ende, zum Beispiel beim Hosting-Anbieter Podigee, auf Serviceseiten wie WikiHow oder Podcast-Helden. Zu speziellen Fragen, etwa zum Equipment, kannst du dich auch auf Youtube informieren. Nur nicht zu lange bei den Tutorials hängenbleiben, und besser selbst loslegen.
 

Ohne Idealismus wäre es kaum denkbar, das alles neben dem Medizinstudium durchzuziehen, meint Vivien. Der eigentliche Aufwand sei aber nicht so hoch wie viele denken. „Dazu muss man sagen, dass wir eng befreundet sind. Es lässt sich kaum trennen, was Absprachen für den Podcast sind und wann wir uns einfach unterhalten“, erklärt die Studentin. Gemeinsame Termine zu finden sei trotzdem nicht einfach, so Felix: „Lernen, Doktorarbeit, Nebenjob, das ist das Spannungsfeld, in dem wir uns bewegen. Wir müssen uns schon gut abstimmen.“ Die Freunde sehen den Podcast daher auch als Projekt auf Zeit. Spätestens nach ihrem Berufseinstieg wird es keine neuen Beiträge mehr geben. „Aus dem Netz nehmen wir den Podcast aber nicht so schnell“, verspricht Vivien. „Der bleibt noch lange aktuell. Und wer weiß, vielleicht ist er in 60 Jahren, wenn es bessere Verfahren als die Dialyse gibt, ein interessantes Relikt.“
 

Abhören, bitte!

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