Zahnmedizin: Prüfung - und keine Patienten in Sicht

Patientensuche_Uni_Zahnmedizin
  • Studium & Lernen
  • 12.06.2017

Die Prüfungen rücken näher und du hast immer noch keinen Patienten gefunden, an dem du deine Fähigkeiten beim Einsetzen einer Krone unter Beweis stellen kannst? Keine Angst, du bist nicht allein. Wir haben mit zwei Studentinnen der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) gesprochen, wie man mit diesem Nervenkitzel lebt und wo man überall Patienten akquirieren kann.

Karoline, Amelie - ihr studiert beide im 8. Semester Zahnmedizin. Seid ihr mit Blick auf die nächstes Jahr anstehenden Prüfungen entspannt oder kommt so langsam Stress auf, dass ihr für die Prüfungen keine Patienten findet?

Karoline: Noch hält sich die Nervosität in Grenzen. Aber klar, das Thema beschäftigt uns eigentlich vom ersten Tag an. Es gibt immer wieder Aufgabenstellungen, für die nicht genügend Patienten zur Verfügung stehen. Da muss man schon selbst aktiv werden.

Amelie: Die Uni stellt über die Zahnklinik natürlich einige Patienten, aber die reichen nicht für alle. Von daher sollte man sich schon immer Gedanken machen, wen man in seinem Umfeld ansprechen kann.

Muss die Familie für solche Sachen herhalten?

Karoline: Gerade für das Examen sucht man natürlich nach Menschen, bei denen man sich sicher sein kann, dass sie tatsächlich zum Termin auftauchen. Denn ansonsten ist die Prüfung hinfällig und man hat ein halbes Jahr oder sogar ein ganzes Jahr verloren. Schon allein deshalb sind Familie und gute Freunde natürlich ganz wichtige Anlaufstellen. Allerdings mit einer Einschränkung: Die Zahngesundheit steht immer an erster Stelle. Man kann ja niemanden ein Jahr warten lassen, wenn es ein akutes Problem gibt.

Wer kommt darüber hinaus noch in Frage? Wen sprecht ihr außerhalb des Freundes- und Familienkreises an?

Amelie: Das ist ganz unterschiedlich. Oft ergeben sich einfach Situationen, wo man merkt: jetzt ist eine gute Gelegenheit. Ich bin vor kurzem zum Beispiel Taxi gefahren und kam mit dem Taxifahrer ins Gespräch. Es hat sich herausgestellt, dass er eine neue Krone braucht und ich habe ihm von unserem Patientenprogramm an der Uni erzählt. Heute ist der dort in Behandlung.

Saß er schon bei Dir auf dem Stuhl?

Amelie: Bis jetzt noch nicht. Es mussten erst noch andere Dinge gerichtet werden, die noch abheilen müssen. Aber ich hoffe natürlich, dass sich meine "Akquise-Arbeit" gelohnt hat und er vermerkt hat, dass ich die Krone einsetzen darf.

Wie hoch ist die Hemmschwelle, fremde Menschen anzusprechen?

Amelie: Also bei mir ist die Hemmschwelle total gesunken. Egal ob am Uni-Kiosk, die Reinigungskräfte an der Uni oder Menschen, mit denen man im Alltag ins Gespräch kommt - ich spreche inzwischen jeden an.

Was ist das beste Argument für eine Behandlung bei euch?

Karoline: Da muss man realistisch sein. Das ist ganz klar das Geld. Die Patienten erhalten z.B. in unserer Zahnklinik pro Krone eine Aufwandsentschädigung von 100 Euro. Wenn man jetzt etwa eine Teleskopprothese mit sechs Zähnen einsetzen muss, dann sind das 600 Euro plus noch einmal 100 Euro für die Prothese. Das ist schon ein gutes Argument.

Amelie: Viele Patienten schätzen es auch, dass wir immer zu zweit sind und die Arbeiten noch von einem Assistenzzahnarzt überwacht werden. Wir haben also ein 6-Augen-Prinzip.

Wie macht ihr auf euch aufmerksam?

Karoline: Die Uni akquiriert Patienten über den Aufnahmetag. Viel läuft auch über Mund-zu-Mund-Propaganda. Und zum Tag der Zahngesundheit organisieren wir Aufklärungsveranstaltungen in der Innenstadt. Kürzlich hatten wir einen Artikel in der Regionalpresse und haben versucht, so noch einmal auf uns aufmerksam zu machen.

Zahnärzte dürfen ja nur beschränkt Werbung machen. Gilt das auch für euch Studenten?

Karoline: Ja, in gewisser Weise schon. Damit wir hier auf der sicheren Seite sind, bekommen wir von der Uni z.B. Flyer gestellt. Oder auch fertige Textbausteine, die wir auf Facebook verwenden können.

Wie finden es die etablierten Zahnärzte, wenn ihr versucht, Patienten für euch zu gewinnen?

Karoline: Da müssen wir eigentlich selten Überzeugungsarbeit leisten. Die meisten kennen ja die Situation selber noch und machen unseren Eltern z.B. erstmal provisorische Füllungen, damit wir dann später die richtige Füllung setzen können.

Helft ihr euch untereinander aus, wenn es bei einem Kommilitonen eng wird?

Amelie: Wenn man weiß, dass man einen Fall hat, den die Leute im Examen gerade händeringend suchen, dann gibt man den Patienten natürlich ab. Soviel Loyalität muss sein.