Der Mann für die 8000er

Höhenwanderung
  • Beruf & Karriere
  • 26.01.2018

Von Akupunktur über Chirotherapie bis Umweltmedizin: Über 50 verschiedene Zusatzbezeichnungen kann ein Facharzt in Deutschland nach einer entsprechenden Weiterbildungsphase angeben. Dr. Dominik Cornely ist Facharzt für Innere Medizin mit eigener Praxis in Köln. Zusätzlich zur hausärztlichen Versorgung umfassen seine medizinischen Leistungen die Notfallmedizin, Sport-, Reise-, Höhen- und Expeditionsmedizin. Warum sich Cornely, der sich 1993 mit seiner ersten eigenen Praxis niedergelassen hat, für die zusätzlichen Qualifikationen entschieden hat, erklärt er in einem Gespräch.

Sie haben in den vergangenen 25 Jahren zwei erfolgreiche Praxen gegründet. Zusätzlich zu Ihrem Schwerpunktthema Innere Medizin bieten Sie weitere medizinische Services an. Wie kam es dazu?

Das ist meiner medizinischen Leidenschaft geschuldet, gepaart mit dem Interesse an Sport, Bergwelten und der Faszination für ferne Länder. Ich wollte immer eine Verbindung zwischen meinem medizinischen Interesse und meinen Hobbys schaffen. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Menschen immer gesünder bleiben und älter werden, und dadurch auch der Trend zu langen Fernreisen zunimmt.

Was genau bieten Sie Ihren Patienten als Höhen- bzw. Expeditionsmediziner an?

Ich habe beispielsweise einen Regisseur betreut, der in der Mongolei einen Film drehen wollte. Um ihn auf seinen mehrwöchigen Aufenthalt vorzubereiten, habe ich vorherrschende Temperaturen, Winde und Höhen der Region ermittelt, um ihn in simulierten Situationen auf die körperlichen Belastungen vorzubereiten. Er musste dann Fahrrad fahren und andere Ausdauerübungen absolvieren. Ich betreue aber auch Alpinisten. Die lasse ich in einem Höhentrainingsraum unter medizinischer Aufsicht in einem Institut in Köln (Bepox ) körperlich anstrengende Übungen machen. In diesem Raum ist der Sauerstoff reduziert, das ist ein gutes Training für die Expeditionen.

Wie viele Patienten kommen eigens wegen der speziellen Gesundheitsleistungen zu Ihnen?

In meine Praxis kommen ca. fünf Patienten pro Woche, die sich medizinisch auf eine Fernreise vorbereiten lassen. Ein bis zwei Patienten pro Monat wollen sich in extreme Höhen von 5.500 bis 8000 Metern begeben. Ungefähr 15 Patienten pro Woche holen meinen Rat als Sportmediziner ein. Der Sportmediziner sieht die zu behandelnde Thematik breiter als der Orthopäde, denn die Sportmedizin beinhaltet auch Aspekte der Kardiologie, der Neurologie, des Stoffwechsels und der Bewegungsökonomie. Diabetiker, Übergewichtige, Rheumapatienten, Bluthochdruckpatienten kommen zu uns, um ihre krankheitsspezifischen Gesundheitsprobleme über individuell abgestimmte Bewegungsstrategien günstig zu beeinflussen.

Für jede Zusatzqualifikation benötigt man eine Weiterbildung. Wie sah Ihre Ausbildung zum Höhenmediziner aus?

Den Ausbildungsgang habe ich innerhalb von drei Jahren absolviert. Dafür musste ich in Österreich, in der Schweiz und in Süddeutschland jeweils eine Woche lang in den Jahreszeiten Winter, Frühjahr und Sommer alpinistische Extremsituationen kennen lernen. Zu den Trainingseinheiten der Rettungsmedizin im Hochgebirge gehörte auch, innerhalb einer Woche fünf 4000er mit Skiern in der 4rer-Seilschaft zu besteigen. Bei den Rettungsmanövern musste jeder von uns eine definierte Aufgabe übernehmen, je nachdem, in welcher Position er sich in der Seilschaft befand. Das war eine echte Vertrauensfrage.

Klingt anstrengend und abenteuerlich.

Ist es auch. Nach drei Intensiv-Kursen und einer Prüfung bekam ich dann ein internationales Zertifikat als Doctor of Mountain Medicine. Das ist Voraussetzung dafür, dass man am Aufbaukurs zum Expeditionsarzt teilnehmen darf. Ich schätze, dass sich rund 70 bis 80 Ärzte jährlich zum Höhenmediziner, aber nur ca. zehn zum Expeditionsarzt ausbilden lassen. In Köln kenne ich jedenfalls nur noch einen weiteren Kollegin mit dieser Spezialisierung.

Haben Sie auch schon eine Expedition als Arzt begleitet?

2010 war ich zum ersten Mal dabei, das war eine Expedition mit einem Deutsch-Spanisch-Schweizerischen Team. Wir sind über die Seidenstraße in den äußersten Westen der Volksrepublik China gereist und haben dort den "Vater der Eisriesen" bestiegen, den Muztagh Ata, wie der Berg in der Sprache der Uiguren heißt. Mit 7546 Höhenmetern liegt er auf Platz 49 der höchsten Berge der Erde. Insgesamt waren wir vier Wochen unterwegs, davon drei Wochen am Berg selbst,. Ein Jahr lang habe ich mich vorher auf diese Expedition vorbereitet.

Was empfehlen Sie angehenden Medizinern bei ihrer Karriereplanung?

Zuallererst die Frage an sich selbst, ob das Interesse an dem Beruf des Arztes ein Leben lang ausreicht. Frühzeitig sollte man sich darüber im Klaren sein, ob man als Angesteller arbeiten will oder das Ziel hat, eine eigene Praxis zu gründen. Ich persönlich habe nach annähernd 20-jähriger Tätigkeit in einer Berufsausübungsgemeinschaft erkannt, dass ich für meinen Geschmack zu viele meiner eigenen beruflichen Vorstellungen hinten anstellen musste. Deshalb habe ich mit Mitte 50 noch einmal eine eigene Praxis gegründet. Heute kann ich sagen, dass für mich persönlich dieser Weg der einzig richtige gewesen ist.